Die energetische Transformation
Der Ukraine-Krieg und die Klimaziele erfordern ein Umsteuern zu alternativen Kraftstoffen und Energien. Die Metropolregion Hamburg agiert dabei auf wichtigen Feldern als Vorreiter.
Der Krieg in der Ukraine trifft die Logistikwirtschaft zweifach: Während die unterbrochenen Warenströme über die Ukraine, Belarus und Russland teils relativ kurzfristig umgelenkt und neu aufgestellt werden konnten, gibt es für die ausbleibenden russischen Gaslieferungen und die dadurch gestiegenen Energiepreise kaum schnelle Lösungen. Die Energie-Thematik wird die Logistikwirtschaft weiter fordern. Schließlich ist die von Deutschland angestrebte Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen nicht nur für eine sichere Energieversorgung unumgänglich, sondern auch für den Klimaschutz. Beides drängt die Logistikwirtschaft hinsichtlich der Transporte und ihrer Immobilien zum Umlenken auf emissionsfreie Technologien und Energieträger.
KRISE ERÖFFNET GROSSE CHANCEN
„Wir möchten den energetischen Transformationsprozess mit unseren Mitgliedern gestalten, er bringt tiefgreifende Veränderungen für das Cluster mit sich“, sagt Carmen Schmidt, Geschäftsführerin der Logistik-Initiative Hamburg. Neben alternativen Antrieben und Kraftstoffen sowie energieeffizienten Logistikhallen und Büros stehen dabei umfassende neue Konzepte, beispielsweise für die letzte Meile, im Fokus. Trotz aller Schwierigkeiten eröffnen sich derzeit auch große Chancen, weil einschlägige Zukunftslösungen von der Politik gefördert werden; Start-ups und Forschungsprojekte bringen verstärkt Ideen für saubere Transporte hervor – und liefern damit auch frische Impulse für neue Geschäftsmodelle. Innovative digitale Prozesse und eine effizientere Verteilung der Fahrten verringern zudem nicht nur den CO2-Ausstoß, sondern auch den Kraftstoffverbrauch und den Zeitaufwand für die Touren. Im Vergleich zu den Höchstständen im Jahr 2022 sind die Gas- und Ölpreise wieder zurückgegangen, bewegen sich aber weiter auf hohem Niveau. Um auch mit Blick auf den Ukraine- Krieg Alternativen für die Energieversorgung zu erschließen, setzt Deutschland inzwischen verstärkt auf LNG. Die Metropolregion Hamburg nimmt dabei eine entscheidende Rolle ein: Im Dezember 2022 nahm das erste deutsche LNG-Terminal in Wilhelmshaven den Betrieb auf, danach Anlagen in Lubmin und Brunsbüttel. Terminals in Stade sowie Folgeprojekte in Wilhelmshaven und Lubmin sollen Ende 2023 zugeschaltet werden, ab 2026 weitere Anlagen in der Region. Das natürliche Flüssigerdgas lindert nicht nur die aktuelle Energiekrise, sondern gilt auch als Brückenkraftstoff für regenerative Alternativen wie Bio-LNG. „Die LIHH setzt sich bereits seit 2013 dafür ein, dass LNG als alternativer Energieträger und als Kraftstoff für den Schwerlastverkehr und die maritime Wirtschaft als Brückentechnologie mehr Beachtung findet“, berichtet Schmidt.


WASSERSTOFFSTANDORT HAMBURG
Für den nächsten Schritt in Richtung nachhaltiger Transporte, aber auch um den CO2-Ausstoß in den Bereichen Industrie und Energie zu senken, wird
Wasserstoff künftig eine Schlüsselrolle spielen. Um diese Technologie auf breiter Ebene voranzubringen, haben die LIHH sowie Hamburgs Industriecluster Erneuerbare Energien, Hamburg Aviation, das Maritime Cluster Norddeutschland und Hamburg Cruise Net bereits zweimal gemeinsam eine Wasserstoffkonferenz ausgerichtet. Im Mai 2022 zeigten Unternehmen aus den verschiedenen Netzwerken, wie sie die Möglichkeiten ausloten und Wasserstoff bereits nutzen. Das Umfeld für solche Vorhaben ist ideal, schließlich will die Metropolregion Hamburg zum grünen Wasserstoffstandort der Zukunft werden. Bis 2025 entsteht auf dem Gelände des bisherigen Kraftwerks Moorburg einer der weltweit größten Elektrolyseure mit einer geplanten Leistung von 100 Megawatt. So deckt die Metropolregion alle Bereiche ab: von der Erzeugung, der Elektrolyse und der industriellen Nutzung über den Aufbau einer Infrastruktur bis zu nachhaltigen Antrieben. Zu den Bausteinen für grüne Lieferketten gehört auch die Logistikimmobilie.Energieautarke Gebäude, die mit einer Fotovoltaikanlage zusätzlich Strom für die Ladestationen der Elektrofahrzeuge produzieren, werden längst gebaut. Ein ehrgeiziger Neubau entsteht derzeit etwa in Hamburg-Wilhelmsburg: Bis Mitte 2024 errichtet DB Schenker auf 53.300 Quadratmeter Nutzfläche eines der nachhaltigsten Logistikterminals in Europa. Solarmodule mit einer Fläche von 6.000 Quadratmetern werden regenerativen Strom erzeugen und so auch die leistungsfähige Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge versorgen. Eine energieeffiziente Dämmung, modernste Heiztechnologie und Luftaustauschsysteme halten den Wärmebedarf niedrig. Allein die geplante Geothermie-Anlage spart im Vergleich zur Ölheizung jährlich 45.000 Liter Heizöl ein.
Was den LKW der Zukunft antreibt, muss noch erprobt werden und hängt vor allem vom Gestaltungsspielraum ab, dessen Rahmen der Branche von der europäischen und nationalen Politik vorgegeben wird. Wichtig aber ist, dass Unternehmen die neuen Technologien in der Praxis prüfen. So testet Dachser unter anderem in Hamburg und der Metropolregion batterieelektrische und Wasserstoff-Lkw inklusive der Infrastruktur zum Laden und Betanken. Im Hamburger Hafen fahren seit Herbst 2022 drei Elektro- Lkw Nikola Tre BEV, sukzessive sollen bis zu 25 der batterieelektrisch betriebenen Sattelzugmaschinen eingesetzt werden. Bereits 2021 hatte die Hamburg Port Authority eine Absichtserklärung unterzeichnet, die den Testlauf regelt. Für Lieferfahrzeuge, die die letzte Meile bedienen, sind E-Antriebe schon länger auf dem Vormarsch. Um diesen Trend weiter anzufeuern, hat die Stadt Hamburg das Siegel „UmweltFlotte“ entwickelt. Es wird an Unternehmen vergeben, wenn 15 Prozent ihrer Lieferfahrzeuge emissionsfrei unterwegs sind. „Die Metropolregion Hamburg nimmt auf entscheidenden Feldern eine Vorreiterrolle ein und bietet viele zukunftsgerichtete Vorhaben, die den Weg zu einer emissionsfreien Logistik ebnen“, resümiert Schmidt.