Gemeinsam mit unseren Partnerclustern Hamburg Aviation und Erneuerbare Energien Hamburg luden wir am 12. März 2024 die Kommunikations- und Marketingverantwortlichen aus den jeweiligen Branchen zum gemeinsamen Austausch zur EU Green Claims Directive und deren Bedeutung für Unternehmen. Unterstützt wurden wir dabei durch inhaltsstarke Impulse aus dem Mitgliederkreis

Mit der Green Claims Directive legt die EU nun den rechtlichen Rahmen für eine „Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel durch besseren Schutz gegen unlautere Praktiken und bessere Informationen“. Heißt: Es darf nirgends „grün“ draufstehen wo nicht auch „grün“ nachweisbar drin ist, damit die Verbraucher eine entscheidende Rolle im ökologischen Wandel einnehmen können. Umweltbezogene Produktangaben müssen immer nachvollziehbar und transparent für den Konsumenten dargestellt und kommuniziert werden.

Auf über 100 Seiten beschreibt die Direktive, welche Art irrführende und bisher sehr gängige Praktiken in der Kommunikation künftig nicht mehr ohne Weiteres zulässig sind. Impulsvortragende und Gastgeberin Sybille Rexer, Rechtsanwältin bei unserem Mitgliedsunternehmen ARNECKE SIBETH DABELSTEIN, fasste in ihrem Beitrag die Formen von Greenwashing so zusammen:

  • Verschleierung: Hervorheben nur einzelner Umwelteinwirkungen
  • Fehlende Beweise: Alle Angaben müssen für die Konsumenten einfach zugänglich und nachprüfbar sein
  • Unklare Begriffe: „Umweltfreundlich“, „Schadstoffe“, „natürlich“ und „grün“ sind ohne konkreten Bezug auf das Produkt nicht mehr verwendbar
  • Fehlende Bedeutung: Bewerben einer zwar korrekten, aber irrelevanten Produkteigenschaft
  • Beeinflussende Bilder u. Labels: Wahrheitswidrige Motive (bspw. Auto mit Blumenabgasen)

Die finale gesetzgebende EU-Parlamentsabstimmung über die Direktive wird noch im März erwartet. Daraufhin haben die Mitgliedstaaten 18 Monate Zeit, um die Richtlinie in ihr nationales Recht zu integrieren. In Deutschland ist die Umsetzung über das UWG (ausgeschrieben in Klammern!) denkbar. Sechs Monate später werden die Bestimmungen dann in Kraft treten. Mit ersten Urteilen und Präzedenzfällen ist in zwei bis drei Jahren zu rechnen, bis dahin sei die Rechtslage noch nicht eindeutig. Zwar ist laut Rexer zu erwarten, dass zunächst eher die großen Unternehmen im Fokus stehen werden, jedoch sei angeraten, dass alle Unternehmen schnellstmöglich ihre Kommunikation entsprechend überprüfen und ggf. anpassen, denn bei Verfehlungen können sehr strenge Rechtsfolgen mit Strafzahlungen von bis zu 4% des Jahresumsatzes drohen – und angezeigt werden können diese Verstöße von jedermann. Ihr Tipp: Erst machen, dann kommunizieren – und zwar richtig.

Dem pflichtete auch Best Practice-Speaker Ingo Betram bei. Als Head of News, Content & Research bei der OTTO Group weiß er um die Komplexität von Kommunikation rund um nachhaltiges Engagement. So bedarf es eines ganzheitlichen Blickes auf die jeweilige ESG (Environmental, Social and Corporate Governance) und der entsprechenden Ableitung von Kommunikationsmaßnahmen. Unter dem Gesichtspunkt „Wir sind nicht perfekt, aber wir arbeiten daran“, ging er auch auf Fallstricke in der Unternehmenskommunikation ein. Zum Beispiel wurde die Option „Dekompensation von CO² -Emissionen“ für Kunden von den E-Commerce-Plattformen entfernt, da sie rechtlich ein zu unsicheres Konstrukt in der Nachhaltigkeitskommunikation darstellte. CO²-Neutralität sei durch die Kompensation schlicht nicht zu 100% garantierbar. Dabei ging er auch auf die Gratwanderung zwischen Unternehmensambitionen zur Dekarbonisierung und dem Hauptreiber der Kaufentscheidung - den Produktpreis - ein (Attitude-Behaviour-Gap des Kunden, der sich ein nachhaltiges Produkt wünscht). Quasi im Vorgriff auf die Green Claims Richtlinie fokussiert sich Otto zunehmend auf Science-based-targets. (SG: Muss man das erklären?)

Noch nicht im Fokus der Rechtssprechung und aktuell auch noch ohne Berichtspflicht sind wissenschaftliche Einrichtungen. Mit gutem Beispiel voran geht hier das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY). Mit seinem Nachhaltigkeitsbericht will man sowohl den Ansprüchen der Öffentlichkeit, als auch den Ansprüchen der Forschenden an sich selbst gerecht werden. Dr. Denise Völker, Leiterin Stabsstelle Nachhaltigkeit DESY und Kristin Hüttmann, Leiterin Fachgruppe Publikationen/Multimedia, gaben dem Plenum einen Überblick, wie ein Nachhaltigkeitsbericht von Grund auf erstmalig erstellt werden kann. Bei DESY wird dieser Nachhaltigkeitsbericht, auch ohne eine gesetzliche Berichtspflicht, dazu genutzt, um über die Umweltauswirkungen von Grundlagenforschung Rechenschaft abzulegen. Zur Begründung argumentiert DESY, dass die mit der Forschung verbundenen Emissionen keinesfalls die generelle Glaubwürdigkeit und Bedeutung der Nachhaltigkeitsforschung an sich in Frage stellen dürfen.

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