Am 30.06.2023 war es soweit, nach drei Jahren voller neuer Erkenntnisse, viel intensiver Arbeit, Tests und unzähligen Projektpartnertreffen, ging das AVATAR-Projekt mit einer zweitägigen Abschlusskonferenz in Gent zu Ende. Das Projekt, bestehend aus 10 Projektpartnern aus 4 verschiedenen Ländern (Deutschland, Belgien, Niederland und Schweden), startete im Mai 2020 mit dem Ziel, innovative und nachhaltige städtische Güterverkehrskonzepte mit autonomen und emissionsfreien Schiffen zu erproben um hierdurch eine Verlagerung von Verkehren der Straße auf das Wasser (z.B. Fleete, Kanäle, Wasserstraßen) im urbanen Kontext auf der letzten Meile zu erreichen.

Warum ist der Transport auf dem Wasserweg auf der letzten Meile von Relevanz?

Als eine von drei Säulen, hat die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) die urbane Logistik als einen wesentlichen Potentialmarkt in Ihrem „Thematic Report - An assessment of new market opportunities for Inland Waterway Transport“ im Jahr 2022 bewertet. Auch die Freie und Hansestadt Stadt Hamburg hat ambitionierte Ziele, den städtischen Wirtschafts- und KEP- Verkehr bis 2030 auf der letzten Meile neu zu gestalten, indem 40 % CO2 gesenkt wird, weniger Zustellungen auf dem herkömmlichen Wege (per LKW oder KFZ) erfolgen und indem ein Viertel der Zustellungen zukünftig mit alternativen Transportmitteln erfolgen.

 

Die wesentlichen Vorteile eines Transport auf dem Wasserweg auf der letzten Meile liegen direkt auf der Hand:

  • Infrastruktur: In vielen Regionen gibt es bereits bestehende Wasserwege und Häfen, die für den Transport auf dem Wasserweg genutzt werden können. Diese Infrastruktur ist oft gut entwickelt und bietet eine zuverlässige Anbindung an verschiedene Zielorte.
  • Verkehrsreduzierung: Der Transport auf dem Wasserweg kann dazu beitragen, den Verkehr auf überlasteten Straßen zu reduzieren. Indem Waren auf dem Wasserweg transportiert werden, werden Lkw-Verkehre und Staus in städtischen Gebieten verringert, was zu einer insgesamt effizienteren Verkehrsplanung beiträgt.
  • Umweltfreundlichkeit: Im Vergleich zu anderen Transportmitteln wie Lkw oder Flugzeugen verursacht der Transport auf dem Wasserweg weniger Emissionen und hat somit einen geringeren ökologischen Fußabdruck. Dies ist besonders wichtig angesichts der steigenden Bedenken hinsichtlich des Klimawandels und der Notwendigkeit, den CO2-Ausstoß zu reduzieren.

Entwicklungen und Ergebnisse aus dem AVATAR-Projekt

Während der dreijährigen Projektlaufzeit wurden verschiedene Schiffe unterschiedlicher Saklierung ausgerüstet oder gebaut, die speziell für die Anwendung im städtischen Raum und zur Erprobung der teilautonomen Steuerung als Forschungs-/ Testschiffe konzipiert wurden. Des Weiteren wurden für den ferngesteuerten Betrieb für die verschiedenen Schiffsmodelle “Remote Control Center“ (RMC) durch die Projektpartner Universität aus Oldenburg und SEAFAR aus Belgien entwickelt und getestet. Die Projektpartner der TU Delft (Niederlande) haben sich außerdem auf die Automatisierung und Koordinierung mehrerer autonomer Schiffssysteme, sowie auf die Verbesserung der Fahrsicherheit durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz und Computer Vision konzentriert.

Energy Use Case

Der Energy Use Case (Anwendungsfall) vom Projektpartner E. Van Wingen aus Gent, der während der Projektlaufzeit entwickelt wurde, konzentriert sich auf Stadtfrachtverteilerschiffe, die tagsüber fahren und nachts die Batterien aufladen (unter Verwendung eines mit Wasserstoff betriebenen ICE-BHKW). Während das ICE-BHKW die Schiffe auflädt, wird Wärme freigesetzt. Beim AVATAR-Konzept wird diese Wärme in einem Pufferspeicher gespeichert, der Teil einer zentralen Heizungsanlage ist. Ein besonderes Augenmerk gilt der Kapazität des Stromnetzes, der lokalen Energieerzeugung und der Betonung der Grundlagen des öffentlichen Netzes. Die Rolle energieeffizienter Anwendungen wurde hervorgehoben. Die Präsentation ist hier  verfügbar.

 

Maverick Schiff Fakten:

  • Entwickelt durch den Projektpartner der KU Leuven
  • Remote steuerbar, durch den Projektpartner Universität Oldenburg
  • 1-Tonnen Schiff, Katamaran
  • Elektrischer Antrieb (zwei 360 Grad drehbare Schiffsschrauben)
     

AVATAR Schiff Fakten:

  • Entwickelt und gebaut durch die Projektpartner Opleidingscentrum voor hout en bouw (OHB), Urban Waterway Logistics und E.Van Wingen
  • 20 Tonnen Kapazität
  • 15 x 4 Meter
  • Elektrischer Antrieb / mind. 8 Stunden Fahrzeit bei 9 km/h
  • Remote steuerbar durch Projektpartner SEAFAR

Die Rolle der LIHH im AVATAR Projekt

Die Logistik-Initiative Hamburg war im Rahmen des Projektes für die Koordination der Ergebnisse und Erkenntnisse der wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen verantwortlich und hat in diesem Rahmen an verschiedenen Veröffentlichungen mitgewirkt. Dass es im Transport der letzten Meile bereits zahlreiche operative Anwendungsfälle, Pilotprojekt und Konzepte in der EU gibt, zeigt der AVATAR Market Review im Detail auf.
Die acht wichtigsten Themen, mit denen sich politische Akteure befassen müssen, um die urbane Güterverteilgung auf dem Wasserweg mit Hilfe der (autonomen) Binnenschifffahrt voranzubringen, kann in dem hierfür erstellen Policy Position Paper nachgelesen werden.

Im Rahmen einer Masterarbeit, die in Kooperation mit der LIHH und dem AVATAR-Projekt durch eine Studentin der FOM Hamburg erstellt und erarbeitet wurde, konnte außerdem genau analysiert werden, wie Hamburgs Verkehrs- und Nachhaltigkeitsstrategien mit dem AVATAR-Konzept der emissionsfreien städtischen Transporte per Binnenschiff zusammenpassen können. Erste Einblicke in die Ergebnisse finden Sie hier.

Neue Anwendungsfälle und Projekte für Hamburg

Wichtig zu erwähnen ist, dass die Erkenntnisse und gesammelten Ergebnisse aus dem AVATAR-Projekt maßgeblich für die Entwicklung von Folgeprojekten waren, die dazu beitragen werden, in Zukunft den emmissionsfreien Transport auf der letzten Meile voranzutreiben. Diese Folgeprojekte werden zwei wesentliche Transport-Anwendungsfälle, die während des AVATAR-Projekts identifiziert und konzipiert wurden nun in den folgenden Jahren in Pilottests erproben.

Folgende zwei EU-Projekte mit konkretem Anwendungsbezug konnte die LIHH zusammen mit anderen Projektpartnern hierfür in der Zwischenzeit entwickeln und starten.

  1. Das Projekt  DECARBOMILE, das unter anderemzusammen mit Hamburger Projektpartnern bestehend aus  DHL,  der Freien und Hansestadt Hamburg und der TU Hamburg Ende letzten Jahres gestartet ist, fokussiert sich auf den Pakettransport auf dem Wasserweg in die Hamburger Innenstadt.
     
  2. Das Projekt INNOWATR, welches Zusammen mit den Hamburger Partnern TOP Mehrwert-Logistik und der KLU in diesem Sommer gestartet ist, möchte die Belieferung von Einzelhändlern in der HafenCity mittels eines urbanen Schiffs pilotieren (Retail Supply Shuttle).

Das finale AVATAR Event in Gent

Vom 29.06. bis zum 30.06.2023 kamen alle Projektpartner noch ein letztes Mal im North Sea Port in Gent zusammen, um die Projekt-Ergebnisse der Öffentlichkeit, bestehend aus Politik, Industrie und Wissenschaft zu präsentieren. Dabei wurden neben der Vorstellung der Ergebnisse auch Live Demonstrationen zum ferngesteuerten einsatz des Maverick-Katamarans und des AVATAR-Schiffs durchgeführt. Auch der bereits erwähnte Energy Use Case wurde vor Ort im Detail vorgestellt.

Die Veranstaltung war ein exemplarisches Beispiel dafür, wie durch länderübergreifende Zusammenarbeit innovative Lösungen entwickelt werden können, die sowohl die Wirtschaft als auch die Energieversorgung nachhaltig voranbringen. Der Austausch von Know-how und die gemeinsame Arbeit an Herausforderungen ermöglichen es, dass die Nordseeregion von den Erkenntnissen und Erfahrungen aller Projektpartner profitiert.

Als Logistik-Initiative Hamburg bedanken wir uns bei allen Projektpartnern für drei intensive und lehrreiche Jahre Projektarbeit.

Unten finden Sie ein paar Eindrücke vom finalen Event. Eine englischsprachige Zusammenfassung der Abschlusskonferenz mit Links zu den Präsentationen finden Sie hier.

 

Weitere Informationen zum AVATAR-Projekt finden Sie  hier.

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